Ich denke, den Auftakt für dieses
Projekt sind Bilder an der Longe.
Gerade in Bezug auf das Longieren mit
Blick auf die biomechanischen Zusammenhänge, die Anatomie und
Schulung des Pferdes zum Tragen des Reiters stehen hier an erster
Stelle.
Zuerst muss man sich das Wissen
aneignen und verstehen, was im Pferdekörper passiert oder passieren
muss, damit das Pferd überhaupt zum Reittier werden kann, ohne dabei
körperliche Schäden zu erleiden. Wohlgemerkt sind die „Schäden“
nicht unbedingt für den Laien sofort ersichtlich. Denn Pferde müssen
in der Natur zum Überleben ihre „Gebrechen“ kaschieren, um nicht
gefressen zu werden.
Es geht also darum, das Pferd so lange wie möglich gesund zu erhalten.
Dann folgt das stetige „Schule Dein
Auge“, damit Du erkennen lernst, was noch nicht optimal ist und Du
weißt, wo Du gezielter trainieren musst. Lassen wir das Training weg
und haben nur Spaß mit dem Pferd, müssen wir das Reiten streichen.
Spaß ist richtig, aber nicht zum Leidwesen des Pferdes. Denn das Pferd ist von Natur aus kein Tragetier. Training ist
Arbeit. Klar ist der Begriff „Arbeit“ mit dem Pferd nicht der
beste, er hat einen Nebengeschmack, aber es trifft doch auch den
Punkt: Sport und Muskeltraining sind anstrengend und starke Muskeln
müssen erarbeitet werden. Dass Arbeit auch Spaß machen und mehr
oder weniger Motivation und Freiwilligkeit braucht, ist keine Frage.
Die Bedingungen zu schaffen, dass das Training entspannt,
freundschaftlich und motivierend ist, sollte immer wieder erinnert
werden.
Wer nicht mit den biomechanischen
Zusammenhängen vertraut ist, sollte sich gute Lektüre beschaffen
und sich da hinein arbeiten.
(Ich biete hierzu Kurse an: Kurs-Angebot in Deinem Stall)
Ich sage hier gern: „Tu es für Dein Pferd!“
Mein Ziel in dieser Foto-Strecke ist keine Aufklärung
und Füllen dieser
Wissenslücken. Ich versuche anhand von Bildern und Euren Fotos die Theorie etwas in die Praxis zu übertragen und anzuwenden, was hoffentlich viele bereits wissen. Vielleicht kann ich Euer Verständnis bereichern und verbessern, sodass Ihr viele „Aha-Momente“ habt, dass das, was ihr wisst, sich hiermit besser zusammenfügt.
Wissenslücken. Ich versuche anhand von Bildern und Euren Fotos die Theorie etwas in die Praxis zu übertragen und anzuwenden, was hoffentlich viele bereits wissen. Vielleicht kann ich Euer Verständnis bereichern und verbessern, sodass Ihr viele „Aha-Momente“ habt, dass das, was ihr wisst, sich hiermit besser zusammenfügt.
Ich weiß, dass Bilder Momentaufnahmen
sind.
Manchmal ist ein Foto super geworden und über die Bewegung in der Einheit denkt man, oje, da ist noch viel Training notwendig.
Manchmal sieht man ein Foto und denkt, dass ist ja schrecklich, dabei
war die Einheit in Bewegung vom Gefühl her toll; das Pferd nahm die Hilfen an, bemühte sich, lief taktrein, schwungvoll und locker.
Momentaufnahmen
zeigen nie die ganze Wahrheit. Jedoch zeigen sie Zusammenhänge, die
wir in der Bewegung besser einschätzen lernen können.
Bist Du Rechtshänder? Dann versuche
mal mit links zu schreiben, zu schneiden, zu fegen oder auszumisten.
Es fühlt sich komisch an. Diese Ungleichheit kommt aus unserer
Händigkeit. Die Muskeln sind unterschiedlich trainiert und die
Bewegungsmuster sind einseitig eingeübt.
So ähnlich geht es dem Pferd. Eine
Seite ist biegsamer, die andere steifer, die eine Schulter und
Vorderbein fangen mehr Gewicht auf, das andere weniger, ein
Hinterbein schiebt mehr unter den Schwerpunkt, das andere eher
vorbei. In der Natur ist das wie bei uns kein Problem fürs Pferd.
Reiten wir es aber, kommt unser Gewicht dazu und dann werden Sehnen,
Muskeln und Gelänke zu stark beansprucht und belastet. Wir müssen
das Pferd umtrainieren, ihm helfen, sich geradezurichten und vom
Schub immer mehr zum Tragen zu kommen, den Rücken aufzuwölben mit
einer aktive Hinterhand und dem Vorwärts-Aufwärts von Hals und
Kopf, damit das Gewicht und die Bewegung nicht in die Vorhand drückt und der sich Rücken locker bewegen kann.
Die ersten beiden Fotos sollen als
Vergleichsbilder zeigen, welche wichtigen Fokus-Punkte wir in der
Ausbildung und dem Training betrachten.
Zur Verdeutlichung nehme ich diese
Bilder aus dem Netz (verlinkt), die bereits so deutlich und
anschaulich verschiedene Thematiken hervorheben.
http://www.campagneschule.de/Ausbildung_Termine_files/Kurs_Schiefentherapie.pdf
Lerne mehr über die Schiefentherapie und wie Du Deinem Pferd helfen kannst, seine Balance zu finden und dass es lernt, sich so zu bewegen, dass die auf einem Kreis wirkenden Kräfte es nicht schädigen. |
Hier kann man sehr schön die
natürliche Haltung des Pferdes als Fluchttier sehen. Longierst Du
Dein Pferd bspw. ohne Einwirkung von Longe oder Gerte oder trabst es
ohne Vorbereitung/Aufwärmen an, wird es ziemlich sicher wie oben links
traben: die Kopf-Halshaltung ist hoch, der Hals dient als
Balancierstange und so hat das Pferd den Überblick. Dabei ist der
Rücken eher fest, tiefer als die Kruppe und dient der Übertragung
des Schubs zum Flüchten. Deshalb schieben die Hinterbeine nach vorn
und stehen, wie hier zu sehen vermehrt hinten heraus, wie wenn wir
eine schwere Schubkarre schieben.
Stellen wir uns nun einen Reiter mit
zusätzlichem Gewicht auf dem Rücken vor, wird eben beschriebenes
verstärkt. Der Hals muss noch mehr balancieren, der Rücken drückt
mehr herunter und die Hinterhand muss zusätzlich schieben, damit es
vorwärts geht und die bisherige (schiefe bzw. natürliche) Balance
hält. Das ist ein Auffangen mit der Vorhand, was erschwert wird,
wenn wir dann noch auf gebogenen Linien reiten.
Bleibt diese Haltung, reiten wir das
Pferd "kaputt".
Unser Ziel ist also (Bild Athlet) die Veränderung
der Kopf-Hals-Haltung, um den Widerrist und Brustwirbelsäule
anzuheben, eine Hinterhand, die weiter vorschwingt und Trageaufgaben
übernimmt, damit die Vorhand sozusagen leichter wird und frei nach
vorn schwingt und mit dem weiter Vortreten das Becken kippt, um den
Rücken (Lendenwirbelsäule) anzuheben.
Hier nochmal zur Verdeutlichung eine
schöne graphische Gestaltung. Hier ist schön zu erkennen, wie die
Dornfortsätze der Wirbelsäule sich annähern (Bild rechts) oder
berühren, was Schmerzen verursacht.
http://www.hufschmied-hufbeschlag.de/Rueckenerkrankungen-Dateien/image021.jpg |
Nun möchte ich ein erstes Bild einbauen, dass ich von einer Reiterin zur Foto-Beurteilung des Pferdes in Bewegung an der Longe bekommen habe.
Betrachten wir nun dieses Pferd in der
Bewegung in Bezug auf die vorherigen Skizzen, sehen wir noch die
Tendenz zur natürlichen Fluchthaltung. Dennoch wirkt das Pferd
aufmerksam und der Schweif scheint locker getragen zu werden.
Es ist zu erkennen, dass das Dreieck
zwischen Vorderbeinen und Hinterbeinen nicht gleich groß ist, und
auch der Schritt des hier äußeren Hinterbeins noch nicht an die
Spur des Vorderbeins heranreicht. Diese zwei Punkte sind Indizien
dafür, dass das Pferd noch auf die Vorhand läuft, sich
abstützt/auffängt und den Hals als Ausgleich nimmt. Die Hinterhand
schiebt und ist nicht aktiv, um eine Rückentätigkeit zu erreichen.
Rückentätigkeit heißt hier, dass durch jeden raumgreifenden
Schritt nach vorn, das Becken gekippt wird und der Rücken frei nach
oben schwingen kann. So hält das Pferd den Rücken noch fest und
schiebt sozusagen dagegen/nach vorn.
Es scheint hier auch so, als würde das
Pferd vorn links und hinten außen nach innen treten, also vermehrt auf die innere
Schulter stützen/schieben, was der leicht nach außen gedrehte Kopf
unterstreicht. Evtl. ist die Bewegung linker Hand schwerer in
Hinsicht darauf, dass dieses Pferd gern nach innen fällt und
„abkürzt“, weil es außen hohl ist und sich nicht gern biegen,
also die äußeren Muskeln nicht gern dehnen mag.
Mit dieser Grundeinschätzung kann ich
im Anschluss in der Bewegung darauf achten, diese körperlichen
Schwierigkeiten Stück für Stück anzugehen.
Von Vorteil wäre hie:
1. ein Kappzaum
(denn Impulse am Halfter wirken nicht stellend, sondern eher den Kopf nach
außen drehend und lockern nicht das Genick)
2. und eine Position näher am Pferd, um das Pferd
(vorerst im Schritt) in leichter Stellung zum Anheben der inneren
Schulter zu animieren. Es ist sinnvoll hierbei auf den Takt zu achten
und das Pferd dann mit der Gerte oder Hand zum Anheben zu animieren,
wenn es gerade vorgreift. Es soll auf die Hilfe damit reagieren, den
Schritt nicht nach innen hinein (versetzt) zu machen, sondern gerade
höher hinaus nach vorn. Wie ein Seiltänzer, der seinen Schritt in
Schulterbalance ausführen muss, sonst würde er fallen. Die
Schulterbalance, also eine gleichmäßige Nutzung und Belastung
beider Schultern bzw. Vorderbeine ist ein Anfang hin zur Balance in
der Bewegung. Denn Balance ist die Voraussetzung und Grundlage für
ein gesundes Reiten. Denn einseitige Belastungen führen zu
Fehlhaltungen und verstärken die Schiefe und Anfälligkeit für
körperliche Beschwerden.
Zurück zum Anheben der inneren
Schulter oder in Waage bringen der Schulterachse:
Erst wenn es diese
Haltung einige Schritte eigenständig hält, kann ich versuchen,
einen Übergang in den Trabtakt zu versuchen. Verliert es die Haltung
und drückt wieder über diese innere Schulter zum Kreisinneren,
würde ich wieder im Schritt weitermachen und die Hinterhand
aktivieren.
Bspw. mit Übertreten, Tempowechsel und
Wechsel zwischen Seitwärtsbewegungen (mit höherer
Kopf-Hals-Haltung), bei der das Becken mitarbeiten muss und
entspannendem Vorwärtsschreiten. Hierbei gehen viele Pferde nach
mehreren Versuchen gern selbst in eine Streckhaltung und beginnen zu
Schreiten.
Je nach Pferd ist es ratsam in den
Seitwärtsbewegungen eine höhere Kopf-Halshaltung zu behalten, da
das Pferd so angeregt wird, nicht einfach auf die Vorhand zu
schieben. Bei einer Vorwärts-Abwärtstendenz solltest Du immer die
Hinterhand im Auge behalten. Wenn sie nur noch kurz tritt, das Becken
steif wirkt, achte auf einen ruhigen Takt oder mach eine Pause.
Beginne immer wieder von vorn und in kleinen Intervallen, bis Dein
Pferd lockerer in der Becken und Seitwärtsbewegung wird. Nach und
nach wird es sicher mehr zum Schreiten und Schwingen kommen.
Aus dem korrekten Schreiten entwickle
ich immer wieder Stellung und Biegung ohne die Aktivität in der
Hinterhand zu verlieren. Dann wird es wieder möglich, den Trab mit
hineinzunehmen.
Es kommt natürlich immer auf das Pferd
an. Nicht jedes Pferd braucht den gleichen Weg. Das beschriebene ist
eine Anregung.
Betrachten wir ein zweites Bild kurze Zeit später aufgenommen.
Das Pferd ist durchaus bereit sich zu
strecken. Jedoch täuscht das ein klein wenig das oft genannte
„Vorwärts-Abwärts“ vor. Denn die Hinterhand tritt immer noch
recht kurz und die Vorhand trägt mehr Gewicht. Das sieht man gut an
dem noch stützenden Vorderbein und dem größeren Winkel zwischen
den Vorderbeinen.
Die Tendenz sollte nach und nach mehr
in ein Vorwärts-Aufwärts-Bewegung gehen, bei dem die Hinterhand die Vorhand
ein Stück weit "entlastet". Wie bei einem Bergaufgehen. Dann kann die
Schulter auch freier nach vorn-oben schwingen, wobei die Vorhand
leichter wird, der Widerrist angehoben wird und mit einer aktiven
Hinterhand der Rücken zum Schwingen kommen kann.
An der folgenden Skizze ist dieser
Zusammenhang schön zu sehen, obwohl hier die Nasen-Stirnlinie hinter
der Senkrechten ist. Ich denke das war dem Maler nicht bewusst oder
nebensächlich. Es geht um die hier schön gezeigte Haltung: rund,
schwungvoll, aktiv, schwingend.
http://www.signum-sattelservice.de/typo3temp/pics/ba2ce52923.jpg |
Dies im Hinterkopf verhilft Dir
vielleicht, in der Bewegung darauf zu achten, dass die Bewegung mit
leichter Stellung anfängt (lockeres nachgiebiges Genick), um eine
geschmeidigere Biegung und Beweglichkeit zu erreichen, dass die
Hinterhand aktiver wird ohne zu eilen, dass der Hals runder wird
durch den Schwung des Hinterbeins und dem Anheben des Rückens und
dass die Schulter leichter und mehr nach vorn schwingt und nicht nur
auffängt und drückt.
Animiere Dein Pferd mit der Gerte im
Takt, tippe oder lege die Gerte an die Schulter, wenn das Vorderbein
abhebt und wiederhole die Hilfe, bis Du eine Reaktion bekommst. Warte
und beobachte, wie sich Dein Pferd bemüht, so selbstständig
weiterzuschreiten/weiterzutraben. Traue ihm Selbsthaltung zu, wenn Du
ihm die Richtung weist. Und achte dabei auf Deine eigene
Körperhaltung und Körperspannung, deine Energie und Pausen.
Ich hoffe Du kannst mit diesem ersten
Teil meiner Foto-Strecke „Schule Dein Auge“ Anregungen in Deine
Praxis am Pferd mitnehmen.
Ich bin gespannt auf Rückmeldungen und
freue mich auf weitere Bilder.
Ein Kurs-Angebot "Schule Dein Auge" für die Praxis am Pferd wird es in Kürze geben.
Wenn Du gern vor Ort mit Deinem Pferd lernen möchtest, die Bewegungen einzuschätzen und zu verbessern als auch die biomechanischen Zusammenhänge am Pferd verstehen oder vertiefen möchtest, kontaktiere mich und wir schauen, wie wir es möglich machen.
Ich hoffe ich konnte Dir ein paar Anregungen geben und die Zusammenhänge verständlich erklären.
Hinterlasse gern ein Kommentar bei Fragen oder Anregungen.
Die Bilder sind toll. Es macht das Ganze so viel logischer und einfacher, wenn man Bilder mit Erklärungen vor dem Auge hat. Danke, dass du sie so ausführlich und perfekt zusammengestellt und erklärt hast. Blickschulung ist ja schon so ein harter Brocken auf dem Reiterlehrplan, aber so wichtig. Ganz liebe Grüße und danke für den tollen Artikel, Petra (Pferdeflüsterei)
AntwortenLöschenHallo, ich habe mir gerade die Fotostrecke angeschaut und bin begeistert. Sehr schön beschrieben, vor allem weil Text und Fotos wirklich zueinander passen. Das ist nicht einfach und eher selten.
AntwortenLöschenIch denke eigentlich, dass mein Stütchen sehr schön, balanciert und mit aktivem und schwingendem Rücken trabt, vor allem auf ihrer Schokoladenseite ;-)
Morgen nehme ich mal wieder die Videokamera mit! Mal sehen, ob ich meine Meinung dann ändere, wenn ich mir das Video mit Blick auf diese Fotostrecke anschaue ;-.)
Danke und viele Grüße! Mona Schäfer
Danke und ich freue mich, wenn es Dir aufzeigt, wie weit Ihr schon seid. Ich bin gespannt, wie Deine Reflexion mit Kamera ausfällt. lg
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