Sonntag, 15. März 2015

Ich habe ein Pferd

Oder fangen wir lieber so an: "Ich will ein Pferd kaufen."
Ein junges Pferd, na klar. Ich bin auch noch jung (man ist schließlich immer so alt wie man sich fühlt). Ein junges Pferd - ein langer schöner gemeinsamer Lebens-Weg.

Hand aufs Herz: kann man nicht auch mit einem älteren Pferd Pferd einen langen Lebensweg haben?
Kann man nicht auch mit einem ausgebildeten Pferd genug Freude haben?

Eins ist hier entscheidend. Je weniger ich selbst kann, umso mehr spielt es eine Rolle, was mein Pferd schon kann. Denn sonst muss es mehr Fehler meinerseits hinnehmen, die es nicht versteht. Und es muss kompensieren, dass es selbst erst zu seiner Balance finden und die Hilfen lernen muss mit einem unklaren Menschen, der ebenfalls seine Balance finden muss. Eine schwere Aufgabe, die wahrscheinlich vielen nicht bewusst ist, wenn sie nicht erlebt haben, welchen Kriterien und Schritten die Ausbildung eines Pferdes folgt.

Je mehr Hilfe man von erfahrenen Ausbildern und Reitern sucht und annimmt, können Fehler vermieden werden, die leider so gut wie immer das Pferd ausbaden muss.

Es kommt auf die Fähigkeit es Reiters an, ein Pferd lange gesund zu erhalten.


Nun habe ich ein Pferd.
"Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde." heißt es nicht zu unrecht.
Schön und gut. Aber für wen? Wann?`Unter welchen Bedingungen? Mit welchen Voraussetzungen?
Denke immer zuerst an dein Pferd. Frage dich, ob seine Haltung ihm gerecht wird; ob es seine natürlichen Bedürfnissen als Lauftier, Herdentier, Fluchttier, Dauerfresser erfüllen kann. Denn das trägt zur Zufriedenheit bei.
Lerne dein Pferd kennen, damit du Unterschiede im Wesen und Verhalten wahrnimmst.

Denke immer zuerst an dein Pferd. Kann es das, was du von ihm erwartest? Gerade geritten-werden ist keine natürliche Bewegungsform des Pferdes. Oder schleppst du ohne Schmerz, Muskelverspannung und in Zufriedenheit ohne
körperliche Vorbereitung über längere Zeit einen 50 kg Mehlsack, der dich auch noch treibt und wackelt?

Wenn dein Pferd also eigentlich nicht die nötige körperliche Voraussetzung für das Reitergewicht hat, gehe Kleinschrittig vor, lobe viel bei kleinen Erfolgen in die richtige Richtung und mache Pausen.

Um zu wissen, wann es in die richtige Richtung geht, brauchst du genügend Wissen um den Pferdekörper, seine Bewegung und die Zusammenhänge, damit du dein Pferd korrekt fördern kannst und erkennst, wann es welche Unterstützung braucht.

Überfordere dein Pferd nicht. Untrainiert ist schon ein Ausritt auch im Schritt zu viel, da es (besonders am langen Zügel) den Rücken wie eine Hängebrücke hängen lässt, weil es nicht im Stande ist, das Gewicht zu tragen. So läuft es den ganzen Ausritt über falsch und schadet sich.
Überfordere das Pferd nicht, damit auch es Freude am Miteinander haben kann.


Jung oder nicht jung - ausgebildet oder roh - trainiert oder untrainiert: es kommt auf dich an; dein Pferd ist von deinem Wissen, deinem Können, deinem Körpergefühl, deiner Reflexionsfähigkeit abhängig.

Höre nie auf, dich selbstkritisch unter die Lupe zu nehmen, mehr über pferdegerechtes, körperschulendes Training zu erfahren und zu lernen, bilde dich weiter, hole dir Feedback und höre nie auf zu lernen - für dein Pferd.

Denn Pferdetraining ist Persönlichkeitstraining.



Wenn du die Skala der Ausbildung nicht kennst oder wenigstens ein wenig verstehst, lass das Reiten.
Wenn du nicht weißt, was Vorwärts-Abwärts ist, steige nicht auf dein Pferd.
Wenn du nicht weißt, wie sich Balance und Disbalance anfühlen, übe am Boden und suche Rat und Hilfe.
...


Warum so drastisch?
Warum so schonungslos?

Ich will mich nicht entschuldigen. Ich mag niemandem Honig um den Mund schmieren. Denn am Ende sind es die Pferde die leiden. Mein Ziel ist es, mich dafür einzusetzen, Reiter zu schulen, zu fördern, damit die Pferde nur so wenig wie möglich unserer Unzulänglichkeit ausbaden müssen.
Und Hand aufs Herz: Ist es nicht unglaublich, wie viel Pferde hinnehmen und verzeihen?

Wenn man Pferde mit atrophierten Muskeln, Trageerschöpfung, dickem Unterhals, kaum bemuskelter Hinterhand oder Rücken oder jeglicher Art von Prolemperden sieht (und immer sind die Pferde die Leidtragenden), bin ich der Meinung:

Mensch! 
Lerne, lerne, lerne,
schule deinen Blick,
lass dir helfen,
sei selbstkritisch
und denke nicht nur an deinen Spaß
sondern daran: du solltest dein Pferd nur reiten, wenn es körperlich dazu in der Lage ist.


Nun aber doch, entschuldige, dass ich so schreibe. Ich bekomme einfach immer eine große Wut und Traurigkeit, wenn ich Pferd sehe, die offensichtlich leiden, aber ihre Reiter das nicht sehen (wollen) und sie für ihren Spaß, ihren Erfolg misshandeln. Und manchmal ist es nur der Wunsch, das Glück der Erde auf einem Pferderücken zu genießen, ohne wirklich zu wissen, was Reiten alles beinhaltet.



In der Hoffnung, meinen Pferden gerecht zu werden und dass so viele Pferde wie möglich einen menschlichen Partner haben, der wirklich partnerschaftlich ist.



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von Hippovital:

1 Kommentar:

  1. Wie war dieser Artiekl doch ist- viele Reiter kaufen sich ein Pferd, weil man unbedingt ein Pferd haben möchte- denn nur mit eigenem Pferd kann man reiten.
    Viele denken nicht darüber nach, was es heißt ein Pferd zu haben.
    Es machen sich viele keine Gedanken über die richtige Ausbildung eines Pferdes und das ein junges Pferd gerade als erstes eigenes Pferd eher ungeeignet ist, wenn man nicht genau weiß, wie man es macht.

    Für manche mag dein Ausspruch: "Wenn du die Skala der Ausbildung nicht kennst oder wenigstens ein wenig verstehst, lass das Reiten.
    Wenn du nicht weißt, was Vorwärts-Abwärts ist, steige nicht auf dein Pferd.
    Wenn du nicht weißt, wie sich Balance und Disbalance anfühlen, übe am Boden und suche Rat und Hilfe.
    ..."
    drastisch dringen, aber du hast Recht!
    Ich selber sage nicht, dass ich alles von dem beherrsche, was in der Ausbildungsskala steht- denn wenn man alles beherrscht, dann sollte man eigentlich problemlos eine L-Dressur reiten können. Denn die Aufgaben dort entsprechen eigentlich den Übungen, die man machen sollte, wenn man die Ausbildungsskale beendet hat.
    Aber deswegen besitze ich auch noch kein eigenes Pferd- denn vieles weiß ich noch nicht und möchte meinem Pferd dann auch keine Schmerzen durch Unssicherheit zufügen.
    Danke das du so vieles ausgesprochen hast:)

    LG Julia
    Ich würde mich freuen, wenn du mal bei uns vorbei schauen könntst: www.gefluester2ride.blogspot.com

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