Ich bewundere jede/n Reiter/in, die zu ihrem/seinem Pferd eine harmonische Beziehung hat, in der das Pferd gern mitmacht, auf feine Signale reagiert und auch in schwierigen Situationen folgt.
Ein Pferd, dass seine Angst überwinden kann und dem Menschen folgt -
ein Pferd, dass stillsteht und abwartet, auch unangebunden, bis sein Mensch die nächste Aufgabe angeht -
ein Pferd, dass durch kleinste Körperbewegungen dirigiert wird und mit seinem Menschen als Team agiert -
ein Pferd, dass vorsichtig, Grenzen akzeptierend und freudig bei der Sache ist:
das alles ist nicht selbstverständlich.
Pferde sind:
Beute- und Fluchttiere,
immer in Bereitschaft und mit allen Sinnen aufmerksam,
Spezialisten auf dem Gebiet der Körpersprache (unter Pferden), doch eher Fremdsprachler in Bezug auf uns,
als Herdentiere mögen sie Kontakt und folgen gern und
brauchen klare Grenzen und eine sichere, ruhige und vertrauensvolle Umgebung zum Lernen.
Es ist schade und traurig, dass ich dennoch immer wieder Pferde sehe, denen die Basis an Verständigung, Regeln und körperlichen als auch geistigen Voraussetzungen fehlt, den Menschen und seine Anforderungen zu verstehen bzw. umzusetzen.
Leider fragt sich nicht jeder, warum etwas nicht geht. Weil nicht jeder merkt, dass etwas nicht stimmt?
Ich möchte in diesen Artikel ein Beispiel erläutern:
Ein lieber Kerl - missverstanden und benutzt
Ich habe ein Pferd kennengelernt, dass aufgrund seines Körpers, seiner ungenügenden Ausbildung und mangelnder Hufbearbeitung nicht in der Lage war, mit dem Menschen zu "arbeiten" und geritten zu werden.
Dennoch wird er als lieber Kerl benutzt.
Pferde sind so großherzige Tiere, die sich immer bemühen, mitzumachen.
Die wenigsten sträuben sich ernsthaft oder wenn sie es tun, ist ihr Leidensdruck schon groß. Die meisten geben irgendwann auf.
Leider leiden Pferde stumm.
Ihre Körpersprache und Anzeichen werden oft nicht gesehen.
Jetzt könnte man einwenden, dass sich viele Pferde sträuben. Doch dieses Sträuben ist schlicht und einfach ein nicht oder falsch Verstehen oder nicht Können!
Dieser liebe Kerl hat große Sorge von seinem Kumpel wegzugehen, dass ihn mitzunehmen eine große Aktion ist und hart an die Grenze geht - wer ist stärker - geht. Mit Einfühlungsvermögen, voller Konzentration, Freundlichkeit und sanften, klaren Signalen verbunden mit Übungen wie das Kopfsenken und entspannen, zuhören, rückwärtsgehen, kann man ihn ablenken und seine Aufmerksamkeit erhalten. Er muss merken, dass er nicht allein ist, dass man ihn nicht zwingt und er verstanden wird. Hierbei geht es nicht darum, ein Pferd irgendwie am Halfter und Strick von A nach B zu bringen, sondern ihn im wahrsten Sinne des Wortes zu führen.
Führung ist verbunden mit Sicherheit, Vertrauen, Verständnis, Zuhören
und sich Verlassen können.
Lerne richtig zu führen. Am besten mit einem Coach (im Bereich Horsemanship) oder jemandem, der Dir kompetente Rückmeldung aufgrund seiner Erfahrung geben kann.
Führpositionen - Körpersprache - Aufeinander Einstellen: beobachte, reflektiere und schenke Konzentration, Aufmerksamkeit und Ehrlichkeit |
Dieser liebe Kerl kann nicht stillstehen und wird als rüpelhaft wahrgenommen.
(Ein schöner Artikel mit hilfreichen Tipps zum "Stehen Üben" von Fü(h)rPferd hier)
Er ist jedoch einfach nur unsicher, braucht die Aufmerksamkeit des Menschen, der ihn nicht allein lässt am Anbinder, auch wenn er nur etwas holen geht, er braucht eine ständige Erinnerung, aufzupassen und zuzuhören, damit er merkt, da ist jemand, der ihn sieht, für ihn da ist und dem er sich anvertrauen kann.
Dabei fängt er sogar an abzuschnauben.
Sobald ich nur halb mit meinen Gedanken da bin oder mich mit anderen unterhalte, merkt ein Pferd, dass es sich um sich selbst kümmern muss. Das darf man nicht bestrafen. Denke das nächste Mal daran, wenn Dein Pferd etwas tut, was er nicht soll, ob Du seine vorherige Frage bemerkt hast.
Denke daran, jede seiner Bewegungen und Andeutungen (wie grasen zu wollen, wegzuschauen, weil sich dort etwas bewegt hat, ein Geräusch war etc.) zu beantworten.
Strafe niemals seinen Instinkt und Sicherheitsbedürfnis.
Verbessere Deine Konzentrationsfähigkeit. Lerne eine feine und klare Kommunikation - am besten mit einem Trainer, der Dir sagen kann, wie Hilfen vom Boden oder im Sattel korrekt und verständlich gegeben werden. Es schleichen sich schnell Fehler ein - die unsere Pferde ausbaden.
Dieser liebe Kerl kann auf der linken Seite kaum die Hufe heben zum Auskratzen. Er wird als stur und ärgernd gesehen, der sich mit dem Gewicht auf den Menschen stützt, zappelt und nicht will.
Er (das hier beschriebene ist nicht auf alle Pferde zu verallgemeinern) ist jedoch so stark durch seine Schiefe und Händigkeit geprägt, dass Angst hat, sein Gleichgewicht zu verlieren. Er ist wie ein unsicheres Kind. Wenn er die Erfahrung macht, ermutigt und verständnisvoll begleitet sich etwas zu trauen, wächst er sichtlich und ist sehr sanft.
Man kann so einem Pferd helfen, indem man mit dem Gewicht auf seinen Beinen "spielt", ihn zum Gewichtverlagern antippt, seine Körperbereiche zum Bewegen auffordert und ihn so mehr seines Körpers bewusst macht. Erst muss er merken, dass er auf dem anderen Bein gut stehen kann, ohne ihn zu zwingen ein Bein zu heben, denn sonst wird er unsicher.
Er braucht Vertrauen in den Menschen und in sich - wie ein Kind.
Wenn Du etwas mit Deinem Pferd machst, sei Dir bewusst, warum Du es tust und was Du erreichen willst. Überlege, bevor Du handelst und irgendetwas nachahmst, was Du wo anders gesehen hast. Frage nach dem Warum? Frage Dich, ob es Deinem Pferd wirklich hilft. Kannst Du nicht alles beantworten - frage bei erfahrenen Trainern/Fachleuten nach. Lernen ist keine Schwäche.
Ein Pferd, das wie hier, ungleich und schief steht und belastet, wird es schwer haben ein Bein hochzuhalten und auf einer Seite vermehrt gegen den Menschen laufen, drücken, schreckhafter sein und unflexibler. Das ist keine sture Haltung. Ein Pferd will uns damit nicht ärgern. Es muss erst lernen, seinen Körper in eine bessere Balance zu bringen. |
Dieser liebe Kerl lässt sich schlecht führen und bleibt stehen, wenn man die Position wechselt. Er braucht eine sichere Führung.
Er läuft schief, schaut nach außen, drückt über die Schulter und läuft recht steif in kurzen Schritten.
Er ist schlicht und einfach nicht gymnastiziert. Sein Rücken verläuft von der Kruppe zum Widerrist bergab. So kann seine Hinterhand nicht zum Schwerpunkt treten. Solange er ein Entspannen der Kopf-Hals-Region nicht lernt, wird er immer in Fluchthaltung gehen. Für ihn ist es logisch und sicherer. Deshalb schieben die Hinterbeine.
Mit seitwärtsbewegungen (Untertreten, Übertreten) kann er lernen, sein Becken und Hinterhand vermehrt einzusetzen. Eine gezielte Arbeit am Schritt kann ihn verändern, dass er raumgreifender wird und der Rücken loslässt.
Es ist wichtig sein Pferd zu beobachten und ehrlich zu reflektieren, wie es aussieht, sich bewegt und verhält. Denn ein Pferd wie dieses, kann einen Reiter nicht tragen. Er wird es tun, weil er keine Wahl hat, aber sein Körper kann es nicht ohne dabei zu überlasten, Verspannungen oder Schmerzen zu erleiden.
Wenn Dein Pferd ähnliche körperliche "Mängel" in Bezug auf das Gerittenwerden zeigt, gönne ihm stärkendes, gymnastizierendes Fitnesstraining am besten in Zusammenarbeit mit einem Physiotherapeuten, Bewegungs- oder Gesundheitstrainer für Pferde.
Ich fange gern im Stand an in mein Pferd hineinzuhören, indem ich fühle wie gut es sich stellen lässt, ob es sein Gewicht verlagert - auf den Vorderbeinen, den Hinterbeinen, nach vorn und hinten, ob die Hüfte beweglich ist.
Wenn ein Pferd dabei nicht stehen bleibt, ist es einfach noch zu unsicher und macht lieber einen Schritt, aus Sorgen sein Gleichgewicht zu verlieren.
Oder es ist verspannt und nicht fähig loszulassen.
Auf diese Art merke ich, wo ich ansetzen muss, damit ich ein lockeres, bewegliches Pferd erhalte, dass seinen Körper (später auch zum Reiten) einsetzen kann.
Schon diese Arbeit im Stand oder im ruhigen Schritt ist anstrengend! Das darauf Einlassen, Konzentrieren und den Körper anders als gewohnt zu bewegen.
Warum geht es diesem lieben Kerl so?
Weil es Pferdebesitzer und Reiter gibt, die Pferde nur zu ihrem Spaß, Ruhm oder zum Geldverdienen als Dinge benutzten.
Pferde sind Lebewesen, die Fühlen, Denken und mit Achtsamkeit und Einfühlungsvermögen behandelt werden wollen.
Lies diesen Brief und Du verstehst, was ich meine.
Hast Du auch so ein Pferd? Ein Pferd, dass sich schwierig, stur oder sogar gefährlich zeigt?
Es ist nie die Schuld Deines Pferdes - es handelt als Flucht- und Beutetier für sich selbst immer richtig.
Dann bitte doktere nicht an ihm herum. Suche Dir kompetente Hilfe Deinem Pferd zuliebe, damit ihr gemeinsam wachsen könnt.
Es soll nicht das Pferd sein müssen, dass Fehler, Egoismus, Wissenslücken oder Bequemlichkeit des Menschen ausbadet.
Gewalt und Zwang sind kein Weg.
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