Mittwoch, 4. November 2015

Was haben denn die innere Einstellung, Motivation und Gefühle mit der Körpersprache und Körperhaltung zu tun?

Körpersprache


Körpersprache ist ein Begriff, der immer wieder fällt, wenn es um Pferde geht.
Körpersprache ist die Form der intensivsten und aufschlussreichsten Kommunikation von Mensch und Tier. Denn Körpersprache vermittelt immer - auch unbewusst. Und das nehmen Tiere wahr. Auch den Geruch von Gefühlen. Und leider oder zum Glück können wir den nicht vortäuschen oder überdecken.

Zum Einen entstehen daraus leider Missverständnisse unter den Menschen, die sich in Bezug auf ihre Körpersprache nicht genügend reflektieren (können) und dann ihren Partner (Pferd) beschuldigen. Problempferde erwachsen meist genau deshalb, weil der Mensch ein Problem mit der Kommunikation hat, mit der Reflexion und seine Gefühle zu kennen.

Zum Anderen ist es unsere Chance jedem Gefühl auf den Grund zu gehen und Körper und Geist auf einen Nenner zu bringen. Lernen wir bewusst das zu sagen (zu zeigen), was wir mit unserem Körper nicht vortäuschen können.

 Pferde tun immer das Richtige - sie handeln instinktiv, im Jetzt, direkt, ehrlich und für ihr Wohlergehen (also in Bezug auf die lebensnotwendigen Bedürfnisse).
Wir Menschen tun oft Dinge für etwas, das in der Zukunft liegt, für einen Wunsch oder wir tun so, als wären wir das was wir gern wären: mutig, selbstsicher, angstfrei, vertrauensvoll, ehrlich usw. Wir verstellen uns dann - doch eigentlich vor uns selbst, denn Pferde nehmen das wahr. Pferde achten hauptsächlich auf den Körper und seine Zeichen.
Aus diesem Grund sehe ich es als ein Hauptziel und Geschenk im Umgang mit Pferden: an sich zu arbeiten und seine Persönlichkeit zu entwickeln.
Pferde können in diesem Rahmen eine wunderbare Hilfe im Coaching sein, sich selbst zu reflektieren, sich zu entwickeln und zu wachsen.
Wir können eine wunderbare Beziehung erhalten und wahrnehmen, wie es dem Pferd geht.

Das Pferd ist Dein Spiegel ...



"Das Pferd ist dein Spiegel.
Es schmeichelt dir nie.
Es spiegelt dein Temperament.
Es spiegelt auch seine Schwankungen.
Ärgere dich nie über ein Pferd;
du könntest dich eben sowohl
über deinen Spiegel ärgern."
(Rudolf G. Binding)







Körperhaltung


Körperhaltung ist eng verknüpft mit der Körpersprache. Doch sehe ich sie ein wenig differenziert, da sie eher ein Ausdruck und Spiegel unserer Selbst ist und deshalb Mitteilung. Sie ist feiner und meist noch unbewusster.
Für uns Pferdeleute ist Körpersprache schon ein gängiger Begriff. Wir wissen, dass wir dem Pferd zeigen müssen, was wir wollen - na klar.

Wissen wir es wirklich? Oder hoffen wir es nur?
Der Glaube etwas zu wissen ist subjektiv. Bestimmt sind wir meist überzeugt, eigentlich doch alles eindeutig gezeigt zu haben. Doch würden wir einmal mit anderen Menschen üben (etwas zu erreichen ohne zu sprechen), würden wir merken, wie unterschiedlich unsere Vorstellung von körperlichem Ausdruck ist. Und das sollen unsere Pferde aber immer verstehen?!
Pferde verstehen jedoch etwas noch intensiver: unsere innere Haltung, die Einstellung und Überzeugung in dem, was wir "zeigen".

Entwicklung von Ausstrahlung und Körperhaltung

"Hört das Pferd nicht, dann übe Geduld,
denn wenn es nicht auf dich hört, ist nicht das Pferd, sondern bist du schuld."

Die Körperhaltung entsteht aus dem, was wir denken, was uns bewegt und wie stark wir im Jetzt anwesend sind. Sie spiegelt unser Wesen, unsere Gefühle und unsere Ehrlichkeit. Meinen wir was wir "sagen"?
Die Körperhaltung zeigt, mit wie viel Überzeugung wir etwas tun und verlangen. Je mehr wir wirklich wollen, was wir zeigen, je mehr wir uns fokussieren und Freude, Klarheit, Selbstsicherheit ausstrahlen, umso einfacher und motivierter kann es das Pferd umsetzen. Es merkt die Selbstsicherheit einer Person, die Vertrauen ausstrahlt und die Überzeugung einen Weg zu gehen oder ein Ziel zu erreichen. Es spürt die Klarheit (denn dadurch drücken wir uns wesentlich klarer aus) und je nach Situation darf es auch eine freundschaftliche Kompromisslosigkeit geben.
Ich möchte jedoch nicht darauf hinaus, dass ein Pferd etwas tun muss, dass wir es mit der Körperhaltung und Körpersprache mehr unter Kontrolle haben, eine Marionette steuern, über das Pferd herrschen:
Ich möchte auf einen ganz besonderen und wichtigen Punkt hinaus: die Energie unserer Sprache, die Motivation dahinter und die Überzeugung, etwas zusammen zu machen.
Jedes Bisschen (jede Antwort), das in die Richtung geht, die wir erwarten, sollten wir schon mit ehrlichem Stolz, Bewunderung und Dankbarkeit erwidern.
Wenn wir also wirklich mit unserem Selbst bei der Sache sind;

wenn wir die gleiche Konzentration aufbringen, die wir vom Pferd erwarten;

wenn wir die körperliche Anstrengung (Arbeit) des Pferdes für uns 100 %ig ernst nehmen als Geschenk ihrer Mitarbeit und uns darüber freuen, wie über ein Kind, das laufen lernt;

wenn wir wir nicht "emotionslos" ein Training abspulen, sondern das Pferd mit überzeugter Freude und Zuneigung motivieren, sich körperlich anzustrengen, wo sie doch von Natur aus als Fluchttier Energiesparer sind;

also wenn wir all das, was uns das Pferd an Aufmerksamkeit und Mitmachen schenkt, nicht als selbstverständlich annehmen, sondern in dankbarer, freudvoller, vertrauensgebender und ehrlicher Einstellung mit unserem ganzen Körper zeigen bzw. ausstrahlen;

können wir zu einem Pferdemenschen werden, dem das Pferd vertrauen kann, weil es merkt, woran es ist; dem das Pferd folgt, weil er sicher weiß wo er hin will; dem das Pferd zuhört, weil es versteht und sich die Beziehung lohnt und für den das Pferd sich anstrengt, weil er gerecht ist und etwas zurückgibt.


"Wenn Du das Vertrauen Deines Pferdes gewonnen hast,
erhältst Du einen Freund fürs Leben."




Die Körperhaltung ist also etwas, das wir nicht so direkt beeinflussen können. Einen geraden Rücken vielleicht und eine Sicherheit vermittelnde Körperspannung. Doch das eigentliche ist das dahinter: die innere Haltung, die sich außen zeigt. Und dann eben ist Körperspannung nicht gleich Sicherheit, wenn sie aus Angst, Verbissenheit oder egoistischem Durchsetzungswillen entsteht.
Das wunderbarste an Pferden ist in diesem Zusammenhang, dass ich lernen muss, innerlich genau das zu wollen und zu tun, was ich äußerlich erreichen will. Ich muss an mir arbeiten. Und wenn ich dann Stück für Stück innerlich zu mehr Klarheit, Ruhe, Ausgeglichenheit, Überzeugung und Wissen finde, werde ich äußerlich ein vertrauensvoller Mensch, mit dem ein Pferd durch dick und dünn geht.

Und was ist mit Fehlern? Wir sind ja nicht unfehlbar, das kann ich schon mal zugeben.

Die gibt es und die wird es immer geben. Sie beruhen auf Entscheidungen und die sind nicht immer für den Weg, der am Ende ans Ziel führt.
Ich drücke mich falsch aus oder?

Denn alle Entscheidungen führen ans Ziel - entweder über Umwege (nein jeder Weg ist genau so wie er sein soll, kurz oder lang) oder über Erfahrungen (die uns zu dem machen, wer wir sind und die wir brauchen, um zu wachsen) und eben über Teil-Ziele zum Hauptziel. All diese kleinen Wege sind genauso wichtig, denn wir kommen bewusst an. Wir kommen überzeugt an. Und wir kommen zufrieden an.

Wenn wir Fehler (das hat nicht immer mit falsch zu tun!) eingestehen und sie einfach mit auf den Weg nehmen und zulassen, dass sie zu uns gehören, sind sie nichts weiter als ein Stück Weg.

Gewalt sollte kein Fehler sein. Gewalt ist ein Zeichen von Unfähigkeit und Unsicherheit, nicht genügend zu wissen, um an der Stelle weiterzukommen.


"Wer gegen Pferde (Tiere) grausam ist, kann kein guter Mensch sein."
(Arthur Schopenhauer)


Motivation


"Motiviere Dein Pferd!"
"Sorge für Spaß, Spiel und Abwechslung!"
Oder "Arbeite mit positiver Verstärkung!"
Damit Dein Pferd gern und möglichst freiwillig mitmacht, sich nicht langweilt und neben dem Körper auch etwas für den Geist und die Beziehung getan wird.
Alles richtig und gut.

Und was ist mit Dir?

Bist Du immer Feuer und Flamme? Bist Du immer 100 %ig motiviert, voller Energie und Konzentration?
Vielleicht frage ich einmal anders herum: Was macht Dir besonders viel Spaß oder wie viel Abwechslung brauchst Du? Liegt Dir mehr die Gleichmäßigkeit und Ordnung oder Überraschungen und Veränderung?
Lerne Dich kennen und auf Dich zu achten. Denn das, was Dir besonders liegt, das bringst Du auch mit Überzeugung, Klarheit, Geduld und mit Deinem inneren Bild am authentischsten rüber.

Wo ist denn nun der Zusammenhang zur Körpersprache und Körperhaltung?
Motivation ist bei mir unverzichtbar. Das merke ich besonders (leider) dann, wenn ich abgelenkt bin, mit meinen Gedanken im Alltag oder den anstehenden Aufgaben oder eigentlich selbst nicht fit und voller Energie starte. Denn genau dann spiegeln mir meine Pferde den Unwillen, eine gepresste Trainingsroutine, meine abschwirrenden Gedanken und ich sehe die Fragezeichen in ihren Gesichtern, wenn ich unklar handle und gar nicht vollständig anwesend bin.
Wenn ich nicht bei der Sache bin und selbst nicht Freude und Elan mitbringe, ist das Training und die Zeit mit dem Pferd nie so gewinnbringend - eher ernüchternd und manchmal würde ich dann lieber die Zeit zurück drehen. 
Dieser Artikel kann Dir vielleicht helfen, Dich nicht in ungewollte Richtungen zu verrennen und stark zu sein, wenn Deine Ansprüche mal zu hoch und Deine Zielsetzung zu verkrampft sind: "Das STOP-Männchen"

Ich denke es ist unsere Chance, den Weg in den Stall und das Putzen dafür zu nutzen, innerlich richtig anzukommen und uns auf das Pferd einzustellen. Lassen wir die Last, Gedanken und Erlebnisse einfach hinter dem Koppelzaun zurück. Und motivieren wir uns selbst. Freuen wir uns auf jede Sekunde und all die kleinen Geschenke, die uns das Pferd machen wird.


Gefühle



Und zu guter Letzt unser zweites Ich - die Gefühle, die manchmal Beine bekommen, ohne das wir es wollen.
Ein Teil von uns zeigt immer, wie es uns geht - zart wie ein Hauch oder polternd wie ein Riese mit Holzbein.
Der Körper verheimlicht nicht. So zeigt er Freude, Stolz und Zuneigung - aber auch Angst, Sorge, Hilflosigkeit oder Verbitterung.
Nun bin ich wieder am Anfang angekommen: Wir können dem Pferd nichts vormachen und verheimlichen, wie es in uns aussieht. Und genau deshalb ist es eine Chance, das Zusammensein mit dem Pferd als Wachstum und Entwicklung zu nutzen:
- Fehler zuzugeben und
- an ihnen zu arbeiten,
- Grenzen kennen (lernen),
- sich selbst nicht zu überschätzen,
- sich klar auszudrücken und
- sich über Gedanken und Gefühle bewusst sein,
- zu lernen, sich zu beherrschen,
- rechtzeitig aufzuhören,
- voller Begeisterung und Offenheit zu loben
- und mit Lebensenergie anzustecken.


Jemand der Höhenangst hat ist deshalb nicht weniger vertrauenswürdig, glaubhaft, überzeugend und kann ebenso selbstsicher, klar und mit innerer Stärke vorangehen. Wenn er seine Grenze kennt und akzeptiert, wird er die richtigen Entscheidungen treffen, sich nicht in Gefahr oder eben auf das Angst-Terrain begeben - und damit können diejenigen leben, die ihm folgen. Weil er weiß was er kann und will. Weil er sich das zumutet und zutraut, was er erreichen kann. Und dem aus dem Weg geht, was er nicht kann. Das ist völlig OK. Wenn man sich der Angst stellen möchte, sucht man sich den Rahmen, in dem es möglich ist ohne sein Gesicht zu verlieren. Mein bleibt glaubhaft und bewundernswert, ehrlich und menschlich.

Und man verstellt sich nicht - das Pferd bekommt es sowieso heraus.

Wir müssen nämlich gar nicht perfekt sein - aber aufrichtig.



"Reiten ist mehr als ein Sport. Reiten ist Gefühl und Vertrauen.
Reiten ist eine Lebenseinstellung. Voller Faszination, Leidenschaft und
Sehnsucht."



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2 Kommentare:

  1. Hat Spaß gemacht zu lesen. Sehr gut geschrieben und das ist auch eine wirklich wichtige Sache, damit eine gemeinsame Harmonie stattfinden kann. Danke.

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    1. Das freut mich sehr. Genau, Harmonie ist ein Schlüsselwort - und ein besonderes Ziel :)

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