Mittwoch, 15. Mai 2013

Gedanken zur Anlehnung

Dieses Zitat möchte ich gern teilen und ein paar Gedanken meinerseits aus meiner Erfahrung dazufügen:


"Viele Reiter glauben fälschlicherweise, dass die Anlehnung eine lokalisierte Angelegenheit sei, die auf Pferdemaul und Reiterhand beschränkt bleibt. Nichts könnte jedoch weiter von der Wahrheit entfernt sein. Die Anlehnung ist eine Funktion des Schubes und der Tragkraft der Hinterhand, sowie der Geschmeidigkeit des gesamten Pferdekörpers. Sie erstreckt sich auf das ganze Pferd und den ganzen Reiterkörper, insbesondere das Kreuz. Das Pferd muß aufgrund des Schubes der Hinterhand seine Wirbelsäule an das Gebiss herandehnen. Früher sagte man, „das Pferd soll mit dem Hinterfuß in das Gebiß hineinsteigen“. Der Reiter fühlt dies als einen leichten Pulsschlag in seiner Hand auf der Seite wo das Hinterbein gerade auffußt." (Dr. Thomas Ritter)


Anlehnung ist nicht etwas, das man unbedingt so richtig in der Hand fühlen muss, sie ist nicht etwas, wo ich anpacken muss. Anlehnung ist vielmehr ein Gefühl wie ein Band von dir zu deinem Pferd, dass Richtung, Tempo und Gangart beeinflussen kann. Die Reiter/innen, die ihr Pferd gebisslos reiten, können mir sicherlich bestätigen, wie sanft Anlehnung ist. Und dennoch ist Anlehnung auch etwas, das meiner Meinung nach eher weiter oben auf der Leiter der Reiter- und
Pferdeausbildung steht. Nicht das Ziel, in Anlehnung zu reiten, nicht der Weg, Anlehnung zu erhalten und immer wieder zu erhalten, sondern in schöner Anlehnung zu reiten. Wer das kann, fühlt auch den Rhythmus des Pferdes, fühlt die Kraft, die unter ihm ist, fühlt Geschmeidigkeit, Einheit, Harmonie – und das ist etwas, das man sich erarbeiten und verdienen muss. Wer in wirklicher Anlehnung reitet, hat kein Pferd in Rollkur, kein Pferd hinter der Senkrechten, kein Pferd das sich mit dem Gebiss nur anfreunden konnte, weil es sich darauf festbeißt und kein Pferd, dass durch Zügelzug überrumpelt wird, nachdem es am langen Zügel allein gelassen war.

Anlehnung kann also schon als erster Schritt von ReitKUNST bezeichnet werden, mit dem sich Schwung, Geraderichten und Versammlung erreichen lassen.



Reiten ist schon nicht leicht, das wissen sicher viele, aber wie komplex richtiges, pferdeschonendes Reiten wirklich ist, ist nicht immer jedem bewusst.
Schade – auf Kosten der Pferde. 
Jedoch wie viele Reitschulen lehren den Sitz als feste Form, Treiben als ständiges (teilweise nicht einmal rhythmisches) Klopfen (also Nerven) und Zügeleinwirkung als Lenkhilfe (oft viel zu früh ins Alleinereiten überlassen wird es zur Balancierhilfe mit hauptsächlicher Kontrollfunktion.
Schade – auf Kosten der Pferde. 
So ergibt sich ein Bild vom Reiten, das in den meisten Köpfen feststeckt, doch wie viel dahinter steckt, sollte Hauptthema einer jeden Reitausbildung sein. Theorie ist langweilig und aufwendig, oder?
Schade – auf Kosten der Pferde.


Theorie ist spannend und noch spannender, die Zusammenhänge zu verstehen. Möchtest Du wissen, wie Du Dein Pferd in Anlehnung reitest? Von Kultreiter gibt es hier einen schönen Einblick in das Thema mit Tipps von verschiedenen Profis.


Als ich dieses Zitat las, musste ich an ein anderes aus dem Buch von Karin Kattwinkel (Gutes Reiten hält mein Pferd gesund 1) denken. Es zeigt auch sehr eindringlich, wie wichtig es ist, sich mit der Theorie auseinanderzusetzen, um zu verstehen, wie pferdegerechtes Reiten sein kann. Und dem entsprechend wie wichtig es ist, sich weiterzubilden, sei es durch Literatur, Kurse oder regelmäßigen Reitunterricht. Allein durch ausprobieren wird unser Pferd alle Fehler deutlich spüren müssen, die angenommene Hilfe und Korrektur von außen verringern können.

Was passiert, wenn der Reiter seinem Pferd gar keine Anlehnung bietet?
Dann kann ein untrainiertes Pferd seinen Rücken unter der ungewohnten Last des Reiters nicht mehr aufwölben. Der Rücken hängt durch. Die Dornfortsätze nähern sich einander bis hin zum schmerzhaften Berühren ... an. Um das zu verhindern, wird das Pferd die Langen Rückenmuskeln verspannen, nicht mehr im Rücken schwingen, die Hinterhand weniger unterfußen lassen können. ...“ 

„... werden die Zügel zu straff und starr gehalten“ spannt das Pferd „dagegen. So kann weder eine Dehnungshaltung noch ein schwingender Rücken zustande kommen.“ 

Natürlich ist das nur ein Auszug. Das Thema ist sehr komplex. Es ist mir wichtig, dass sich jeder Reiter so oft wie möglich kritisch dem Pferdewohl zugute mit allen Themen rund ums Reiten auseinandersetzt, von der Pferdeausbildung hin zur reiterlichen Umsetzung. Für unsere Pferde.

Es gibt sehr viel Literatur, Ausbilder und Ausbildungswege/-methoden, die nicht immer alle pferdeschonend sind. Da muss jeder selbst entscheiden. Aber eins ist sicher: alle Erfahrungen bringen dich weiter. Immer im Hinterkopf – die Mühe lohnt sich: Für unsere Pferde!



__________________________________________________________________________________

Artikel mit passendem Inhalt:


In einer Reitstunde ...
Fragen und Wege Teil 4
Verantwortung - Reiten und Pferde trainieren

von Nordfalben: Unruhige Reiterhände
von Herzenspferd: Die Anlehnung – so fühlt sie sich an, so wird sie erarbeitet!

1 Kommentar:

  1. Anonym2/26/2014

    Man muss sich schon Gedanken machen und lernen wollen, bevor man aufs Pferd steigt, besonders als Wald- und Wiesenreiter. Gymnastizierung ist eine wichtige Grundlage, damit das Pferd gesund bleiben kann und eine vielseitige Ausbildung als sichere Voraussetzung für den Reiter.

    AntwortenLöschen