Mittwoch, 15. Mai 2013

Der Reiter im Fokus - wo der Reiter die Last trägt, nicht das Pferd.


Dieser Beitrag befasst sich wieder mit dem Reiter und der Sicht in Bezug auf den Reiter, seine Aufgaben und bedeutenden Lernweg. In einem vorherigen Artikel habe ich das Thema Reiter im Zusammenhang mit dem Aufwärmen aufgegriffen. Denn sich aufwärmen gilt es immer, das Pferd und auch den Reiter, denn nur dann können sich Muskeln locker und frei bewegen und Leistungen zu vollbringen.

 

Reiten - ein Hobby

 

Freude - Bewegung - Beziehung - Ausgleich

Ein Pferd zu haben ist zwar kostspielig und eine große Verantwortung - aber auch ein wunderbares Geschenk. Das Pferd kann ein wunderbarer Freizeit-Partner als auch Hobby sein. Hierbei ist das Pferd die Verbindung zur Natur, animiert zur Bewegung, fördert die Gesundheit, Entspannung und Freude. Reiten spricht unsere Sinne an. Reiten ist ein Ausgleich, eine Beschäftigung mit einem Lebewesen, dass uns so nimmt, wie wir sind. Wunderbar!

Reiten tun wir nicht allein. Wir reiten Pferde. Und weil sie Lebewesen sind, ist es meiner Meinung nach egal, ob wir es Hobby nennen, als Sport treiben oder einfach ein Pferd haben, wie andere einen Hund besitzen. Ich trage die Verantwortung auch dann, wenn ich gerade nicht meinem Hobby nachgehe. Und gerade wenn es nur eine Freizeitbeschäftigung ist, sollte nie das Pferd dies ausbaden müssen.
Stelle Dir eine Joggerin vor. Eine Hobby-Läuferin. Sport soll ja gut tun. Und ein wenig laufen kann nicht schaden. Ist auch noch gut für die Figur. Ab und zu geht sie also mal laufen. So ein bisschen eben. Schwitzen macht sie stolz und ein rotes Gesicht im Spiegel ist wie ein paar Kilo weniger. Leider bleibt es nur ca. einmal in der Woche beim Laufen. Dazwischen hat sie nämlich Muskelkater oder Heißhunger. 
Laufen will eben gelernt sein. Laufen ist nicht Laufen - Du musst schon wissen wie und wie lange. Das Aufwärmen ist wichtig - die richtige Atmung und der Takt - außerdem macht nicht die Menge das Ergebnis. Nur weil es ein Hobby ist, heißt es also nicht, dass man nicht wissen muss, wie und sich keine Gedanken um das Drumherum machen muss. Gerade, wenn man einen Nutzen davon haben möchte.
Der Jogger - der Sportler - das ist das Pferd. Reiten ist immer Sport und nicht damit abgetan, mal ein wenig hier und ein wenig da zu tun. Nicht, wenn es um die Gesundheit geht.
Reiten ist ein Hobby mit einer besonderen Verantwortung. Dem Mitdenken.
Und "Warum Reiter gute Pädagogen sein sollten" ist eine Frage, die sich diesem Thema der Verantwortung anschließt.
Gerade für viele Freizeitreiter, die ein Pferd als Hobby haben, sind die Biomechanischen Zusammenhänge, Schritte und Forderungen in der Ausbildung des Pferdes und korrektes, pferdeschonendes und pferdegerechtes Reiten teilweise ein Buch mit sieben Siegeln, die sie glauben, nie öffnen, geschweige denn umsetzen zu können. Wir sind es dem Pferd schuldig, als Verantwortlicher über sein Leben und Wohnen, uns so gut wie möglich weiterzubilden, um ihm gerecht zu werden. Ist doch das Pferd nicht von Natur aus zum Tragen von uns Reiter/Innen gemacht. 
Lies mehr über "Die Basis für ein Reitpferd" und "Ein Beispiel" dazu.
Passend zu diesem Thema sagt Thomas Ritter sehr klar und ehrlich folgendes, dass zeigt, wie komplex Reiten ist, auch wenn oder gerade wenn man „nur drauf sitzt und es gehen lässt“:
"Wer seinem Pferd nicht hilft, sein Gleichgewicht unter dem Reiter zu finden, weil er ohne Anlehnung am Schenkel und Zügel das Pferd schief und auseinandergefallen daher latschen läßt, reitet nicht wirklich pferdefreundlich. Er läßt sein Pferd im Grunde im Stich und überläßt ihm die gesamte Arbeit der Ausbalancierung, während der gymnastizierende Reiter sich diese Arbeit mit seinem Pferd teilt. Er zeigt dem Pferd einen Weg, wie es das Reitergewicht möglichst effizient und verschleißfrei tragen kann, denn durch die Balance kann das Pferd sich loslassen, den Rücken aufwölben und sich ohne steife und verspannte Muskeln in den Grundgangarten bewegen.
Das im Stich gelassene Pferd tut sich dagegen mit der Last auf seinem Rücken viel schwerer. Da es schief und auseinandergefallen ist, hängt der Rücken durch, die Muskulatur wird immer steifer und die Gelenke und Sehnen werden über Gebühr strapaziert, bis das Pferd aufgrund der unphysiologischen Belastung irgendwann lahm geht.“

Ich bin Reiterin - ein Multi-Job



Eigentlich wollen wir doch alle das Beste fürs Pferd. Doch gerade da fängt es schon an, verrückt zu werden. Am besten nämlich wüsste ich gern alles über den passenden Sattel - wie erkenne ich eine Krankheit, Lahmheit oder was tun bei Verletzungen? - die Hufe sind auch so ein Thema für sich, denn ohne einen gesunden Huf kein gesundes (reitbares) Pferd - 1000 Meinungen zum Gebiss oder lieber gebisslos? - und dann diese Trainingselemente, Sitz, Hilfen, Biomechanik, kann ich nicht einfach nur drauf sitzen? - und was ist mit der artgerechten auf mein Pferd passenden Fütterung? - die beste Haltung kann ich mir eh nicht leisten - Zähne hats ja auch - habe ich was vergessen? 
Irgendwie ist das eine zweite Art von Job - fachübergreifende Wissensdatenbank mit einem Grundstudium von Pferdemultifunktions-Fachfrau. Wo bleibt jetzt das Hobby?

Will man's wirklich gut machen und die volle Verantwortung übernehmen, wird die Sache "Ich habe ein Pferd" zu einer Lebensaufgabe. Ich denke, die hat es in sich, aber sie ist es Wert.

Ich persönlich habe schon immer gern gelesen und wollte die Dinge so genau wie möglich wissen. Es geht. Unterricht, Literatur, Vorträge, etc. Wissen ist nicht unerreichbar. Schwerer ist es das alles auch zu können. Das Internet bietet eine Menge Möglichkeiten. Man sollte nur kritisch sein. Je mehr Angebot, umso mehr Halbwissen. Je mehr Leute man fragen kann, umso mehr Antworten. Und die kennen niemals Dein Pferd.


Leider kann uns das Pferd nicht sagen, wie es ihm genau geht. Oder dass der Stallkumpel, der nun umzieht, sein bester Freund war. Ist die Freude, den Menschen zu sehen, nur die Freude auf das Futter? Wann und wo es drückt oder schmerzt, kann man nur erahnen, je mehr man sein Pferd und seine Äußerungen kennenlernt. Es liegt also wieder mal besonders an uns, Augen und Ohren offen zu halten und unser Gefühl zu schulen. Schulen ist ein Wort, das im Umgang mit dem Pferd wie das 1x1 ist: der Reiter sollte sich schulen, weiter lernen, Hilfe suchen, und auch sein Pferd braucht eine korrekte, der Natur des Pferdes entsprechende und das Pferd als Reittier fördernde und stärkende Schulung/Ausbildung, damit es gesund bleiben kann. Es liegt nur an uns. 1x1 ist die Grundlage ohne die der Sinus oder andere Funktionen unlösbar wären.

Verantwortung kann ich nicht ablegen, wie einen Schuh. Aber er wird passend, je länger ich mich mit ihm abgebe. 


Ich möchte noch ein paar Zeilen von Claus Penquitt zitieren, die ebenso gut zeigen, welche Verantwortung wir dem Pferd gegenüber haben, zu lernen, dass es unseren Reit-Spaß Gesundheit schonend ertragen kann.

Falsch verstandenes „Freizeitreiten“ kann zu größten Schwierigkeiten führen. Wer meint, dass lange Bügel und lange Zügel genügen, um sorgenfrei, sicher und pferdeschonend durch die Landschaft spazieren zu können, der irrt. Körperbau und Psyche unserer heutigen Pferde sind bei weitem nicht so robust, dass sie auf Dauer ohne Schaden die Reiterlast in beliebiger Art tragen können. Die Anatomie des Pferdes ist so beschaffen, dass es hiermit hervorragend leben und uralt werden könnte. Die Konzeption stimmt – eigentlich. Nur der Mensch war nicht einkalkuliert. Dieser schwankende, ein ständiges Ungleichgewicht verursachende Fremdkörper bringt die recht sinnvolle Statik des Pferdes katastrophal durcheinander. Es treten Belastungen an Gelenken, Kapseln, Sehnen und Bändern auf, die bei der „Konstruktion“ des Pferdes nicht bekannt waren und daher nicht berücksichtigt wurden. Wer hierüber nachdenkt, kommt schnell dahinter, dass dieser Umstand entsprechende Maßnahmen des Menschen erfordert....Somit erfordert auch das Nur-Spazierenreiten reiterliche Kenntnisse und Fähigkeiten besonderer Art. Man muss also sich selbst und das Pferd schulen.“

Passend hierzu kannst Du weiterlesen zu: "Ausreiten - ABER WIE?"

Ich möchte nicht den Mut nehmen, sondern Mut machen: mit Lernen und sich Schulen kann jeder (Freizeitreiter/in) seinem Pferd gerecht werden.

Für mich heißt es, die Verantwortung zu übernehmen, wenn ich versuche, Zusammenhänge zu sehen und zu verstehen. Für uns selbst tragen wir auch die Verantwortung und das zeigt sich in einer äußeren Pflege, Gedanken um die Gesundheit, welchen Arzt ich aufsuche oder was ich zur Vorbeugung tue. Wo kaufe ich ein. Oder wie gestalte ich meinen Alltag. Wenn wir etwas nicht richtig machen, müssen wir es ausbaden. Aber wir lernen aus unseren Fehlern, wenn wir sie spüren. So denke ich, sollten wir auch auf unser Hobby schauen. 
Ich bemühe mich, mein bestes zu geben. Fehler sind zum lernen da. Gewalt gehört nicht hier hin. Und auch keine Gewalt in Form von Hilfsmitteln, die meine Unfähigkeit kaschieren. Perfekt ist niemand. Aber so gut wie jeder sein kann, sollte ein Ziel sein. So gut ich kann - für mein Pferd. So gut ich für mich selbst sein möchte.

Und deshalb ende ich heute mit dieser wunderbaren Frage, die wie eine Alltags-Umgangsformel sein sollte:


 "Würde ich jetzt und hier oder überhaupt mein eigenes Pferd sein wollen?"


Handle stets so, dass Du mit Deinem Pferd tauschen könntest - und glücklich wärst. Ein hoher Anspruch? Zu hoch?

Naja - ich sage mal so - ohne Ansporn kein Wachstum.

Im dem Sinne: "Mit Pferden wachsen"!






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weitere Artikel:

Verantwortung - Reiten und Pferde trainieren


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