Montag, 17. November 2014

In einer Reitstunde ...


Der folgende Text ist beispielhaft, um sich Situationen bewusst zu machen und zum Nachdenken anzuregen. Fiktive Gedanken des Pferdes sind kursiv geschrieben. Das Pferd ist ein Linkshänder und rechts hohl, somit ist es auf der rechten Hand scheinbar leichter zu dirigieren.


Der Reiter hat gesattelt und begibt sich zielstrebig zum Reitplatz. „Er hat sich anscheinend etwas Konkretes für heute vorgenommen. Was das wohl sein wird?“
Er sitzt auf und verlangt Schritt, energisch treibend – „Ich mach ja schon!“Ganze Bahn ist noch recht einfach und die Ecken sind zum Glück nur kurze Kreisbögen, wenn das Pferd abkürzt oder hineindriftet, bemerkt der Reiter es nicht. Nach einer Weile spannt er sich innerlich – Aufwärmphase vorbei und abwesende Gedanken sammeln sich und fixieren sich auf den Plan für diese Reitstunde. Eben hat er mich noch weitestgehend in Ruhe gelassen, wieso jetzt so gespannt?“
Zirkel im Schritt rechte Hand. Der Reiter treibt, der Reiter schaut nach unten auf die Hände, arbeitet stellend und treibt. Mehr nicht. „Weniger nicht.“
Handwechsel durch den Zirkel und linke Hand weiter. Das Pferd war bisher gut mit der Linkshändigkeit klargekommen, da es eher den Zirkel vergrößerte, was durch die Bande wenig auffiel oder der Reiter es nicht bemerkte. Nun im Übergang geht die Linie verloren. Das Pferd schaut weiterhin nach rechts, schiebt sich über die linke Schulter um den Zirkel und eiert. Der Zirkel wird kleiner. Der Reiter treibt. Der Reiter verstärkt die Zügeleinwirkung und treibt. Er sitzt schief, weil das Pferd unausbalanciert ist. Der Reiter treibt und bemerkt nicht, dass er ebenfalls nach außen schaut. „Was will er denn? Rechts lang … links lang … anhalten?“ Der äußere Zügel verlor den Kontakt. Der innere arbeitet und arbeitet und … die Schenkel treiben und treiben, ob zum richtigen Zeitpunkt fällt nicht auf – aber Treiben ist wichtig!
Handwechsel. Puh, etwas einfacher und der Reiter verliert an Körperspannung, um sich von dem Linkszirkel zu erholen.
Handwechsel. Es muss heute noch klappen. Zügelarbeit, Treiben, mit dem Kreuz schieben. Nun will der Bock nicht mehr. „Eben hast du signalisiert, dass das Tempo völlig ok ist und nun kann ich gar nicht schneller, weil du wie ein Hampelmännchen turnst. Wann ist das vorbei. Was will er denn?
...
Frust. Wut. Unverständnis. Zügelarbeit und Treiben.
Nun wird angetrabt und vehement weitergestriezt. Ein Hamsterrad mit zwei Fremdsprachlern. Eine Reitstunde, die anschließend beiden im Nacken sitzt.


Wie fühlt sich das Pferd?
Oder:
Wie möchte ich lernen oder ein Ziel erreichen? Unter Druck … mit

Dienstag, 11. November 2014

Ein unterschätztes Thema: das Anbinden

Jedes Pferd kennt es, jeder Reiter nutzt es: das Anbinden.

Zum Putzen und Satteln wird ein Pferd am Halfter mit einem Strick angebunden. Je nach Gegebenheit an einem Anbindebalken, einem Anbindering o. ä. Sicherheitsmaßnahmen werden hoffentlich überall beachtet. Denn bekommt ein Pferd einen Schreck und macht einen Satz, spannt das Seil und sollte dann keine Unfälle zur Folge haben. Darauf möchte ich jedoch gar nicht eingehen. Auch nicht, wie der Knoten gemacht wird oder die Länge des Seils. Einfach der Punkt des Anbindens ist mir in diesem vergangenen Sommer oft durch den Kopf gegangen. Wir haben hier viele Bremsen und die stechen ....

Vorerst noch einen Schritt zurück:
Schon vor Langem fing ich an mein Pferd beim Putzen und Satteln nicht festzubinden, sondern den Strick nur locker über den Balken oder gar auf den Boden zu legen (wie beim Ground Tying). Mein Ziel war ein aufmerksames Pferd, das warten kann, warten auf mein Signal und nicht selbständig zum Gras läuft, nur weil der Appetit gerade größer ist als die Freude beim Putzen.
Diese Art des Anbindens verschafft Vertrauen: vom Mensch in das Pferd und umgekehrt, da der Mensch wesentlich aufmerksamer ist und schneller reagiert, sei es durch die Stimme oder mit einer Korrektur. Es ist eine tolle Übung, dass das Pferd bspw. auf "pass auf" hört und mit feinen Hilfen bewegt werden kann - ein Vorderbein, die Hinterhand, vor oder zurück ohne großen Körpereinsatz.
Die Beziehung zu meinem Pferd wurde vertrauensvoller, die Hilfen und Signale feiner, es lernte zu warten.
Hilfreich ist hier auch der Ansatz von Michael Geiter (Be Strict).

Das Pferd sollte immer mit der Aufmerksamkeit beim Menschen sein. Wenn das Pferd das Aufpassen für sich übernimmt, erschrickt es schneller und macht sich eher selbständig. Das hilft der Beziehung nicht. Außerdem ist eine Reaktion des Menschen dann meist zu stark und zu spät. Es wirkt auf das Pferd unverständlich, da es alles richtig gemacht hat und plötzlich gestraft wird. Wenn wir vom Pferd Aufmerksamkeit verlangen und sie erhalten, können wir Anfragen des Pferdes (wenn es etwas hört, sieht, zum Gras möchte) wesentlich schneller