Donnerstag, 30. Juli 2015

Die Basis für ein Reitpferd - zum Reiten ein Verlasspferd: Voraussetzungen und Regeln für den Weg

 Von der Basis zum Verlasspferd


Jeder Reiter/In wünscht sich sicher ein Verlasspferd - ein Pferd, mit dem man durch Dich und Dünn gehen kann, das sich nicht erschreckt, zuhört, stillsteht, das man einfach satteln, trensen und in allen Situationen ohne Probleme führen oder reiten kann.
Schöner Wunsch!

Nur vergiss dabei nicht, dass DU die Grundlagen dafür legst, jetzt und täglich. Ein Verlasspferd wird nur durch konsequente, ruhige, verständliche Basis-"Arbeit" dazu.
Von Natur aus sind Pferde als Flucht- und Lauftiere schreckhaft, immer in Bereitschaft wegzulaufen, können in Panik geraten und müssen alles (auch den Sattel, raschelnde Gegenstände, Autos, unförmig aussehende Gegenstände) erst kennenlernen und als ungefährlich speichern oder in Deiner Gegenwart akzeptieren lernen.

Ich kann nicht von meinem Pferd erwarten, dass es in einer Situation ruhig ist, wenn ich es nicht darauf vorbereitet habe oder es mir vertraut.

Denn die erste Basis einer guten Mensch-Pferd-Beziehung, aus der ein sicheres Pferd hervorkommt, sind Vertrauen und Geduld. (Beispiel)


Vertrauen



► Vertrauen erhält das Pferd in Dich: wenn Du klar kommunizierst, wenn Du gerecht bist, wenn Du ruhig und konsequent gleichbleibend reagierst.
► Vertrauen brauchst Du in Dein Pferd: und das entwickelt sich aus einer Beziehung, weil Du Dein Pferd kennst, vorhersiehst, wie es reagieren kann, weil Du weißt, was es kennt und braucht und wie seine Persönlichkeit ist. Deshalb versuche so oft wie möglich, Dein Pferd zu beobachten. Lerne seine Vorlieben kennen, wo es sich gern oder ungern anfassen lässt, wie es sich in der Herde verhält und auch bei Wind, Regen, in der Nähe von Schirmen, Planen, klapperden Geräuschen oder dem Straßenverkehr. Vertrauen in das Pferd beruht auf Kenntnis seiner Bedürfnisse und Verhaltensweisen, dem sicheren Umgang und dem Wissen über die Hilfen, bzw. Kommunikation.

Denke daran, das Pferd macht von sich aus immer alles richtig (als Fluchttier). Es handelt instinktiv und das ist richtig. Es kann lernen, Dir zu folgen und seine Ängste zu überwinden. Du bist für Eure Resultate verantwortlich.

Kommunikation


Damit Dein Pferd in möglichst allen Situationen gelassen bleibt, ist es also wichtig, eine Basis zu schaffen: eine Basis für Eure Beziehung und eine Basis an Kommunikation
(Lies mehr zur Basis: Höflichkeit)
Die Basis für die Beziehung ist wie schon genannt Vertrauen, aber auch Respekt, Ehrlichkeit, Wohlwollen und ein liebevoller Umgang mit Grenzen.
Erlaube Deinem Pferd seine Grenzen zu suchen, herauszufinden, was Du von ihm willst. Es kann nicht sofort alles richtig machen oder verstehen. Lies mehr dazu: Wie ein Pferd lernt und warum es Fehler machen darf.

Die Basis für eine verständliche Kommunikation liegt in Deiner Bereitschaft zu lernen, zu reflektieren und Dich zu verbessern. Lerne zuzuhören. Lerne klar, genau, präzise und so wenig wie möglich zu kommunizieren (nicht andauernd quatschen oder wie ien Wirbelwind herumfegen :), damit Dein Pferd nicht zu viel raten oder auf zu viel reagieren muss und denke an Lob und Pausen. Sei immer konzentriert bei Deinem Pferd. Wir wünschen uns ein Pferd, dass aufpasst und zuhört, dann müssen wir ihm auch unsere (möglichst) ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. (Multitasking Frauen können auch noch etwas nebenbei machen ;)

"Basic is only basic, if it is basic for something." (Bent Branderup)

Lerne "zu denken" wie ein Pferd und zu wissen, warum es so handelt. Strafe es nicht für seinen Instinkt!
Ein Pferd bleibt ein Pferd.
Und sieh all das, was es tut nicht als böswillig, absichtlich oder geplant an - es handelt immer seiner Natur entsprechend richtig, im Jetzt und als Herdentier kann es sich nicht leisten andere wirklich zu verärgern.
Entweder ist sein Verhalten z. B. Spiel, Angst, falsch verstandenes vermenschlichtes Handeln oder ungewollt anerzogenes Verhalten, das der Mensch sich auf seine eigene Kappe schreiben muss. Nichts davon kann bestraft werden - aber ich kann darauf reagieren und es umformen oder Grenzen setzen.

Nimm Dir Zeit für die Basis - immer wieder - es lohnt sich.

Die Details zeigen den Fortschritt


Mir fällt es selbst manchmal schwer an einem Detail zu feilen, weil ich etwas anderes lieber täte. Beispielsweise das Aufsteigen von einem Hocker zu üben, bis das Pferd still wartet, statt lieber schnell irgendwie hinauf zu kommen, um endlich zu reiten.
Oder sich am Anbinder Zeit zu lassen, dass das Pferd still steht, nicht scharrt oder nach Fressen sucht, sondern zuhört. Es ist hierbei ratsam, sich ein paar Tage in Geduld diesem Thema zu widmen, das Pferd immer wieder zur Aufmerksamkeit zu erinnern, wenn es wegschaut, an den Ausgangspunkt zurückzustellen, wenn es sich dreht und ausweicht und seinen Kopf zu senken, wenn es wie eine Giraffe auf alles in der Umgebung reagiert. Wenn ich das immer ignoriere und durchgehen lasse, kann ich auch kein konzentriertes, wartendes, zuhörendes Pferd beim Führen oder Reiten erwarten. Was ich vom ersten Moment an erwarte (verlange und selbst zeige - wie Konzentration, Gradlinigkeit und Konsequenz) kann mich in all meiner Zeit mit dem Pferd begleiten: eben auch in schwierigen herausfordernden Situationen.

Doch wenn ich schon bei der Begrüßung des Pferdes nachlässig bin, mich vielleicht unterhalte, unbedacht das Halfter überstreiche und nicht bewusst führe, merkt das Pferd diese meine Haltung. Was soll es von mir als Partner, Freund oder Führer denken? "Dem/r kann ich immer vertrauen." Hmmmm ...

Ohne eine Basis kann ich nicht weiterarbeiten oder ich werde wesentlich länger brauchen und Unverständnis erhalten. Die Basis ist das, was uns verbindet, wie wir uns verstehen und wie das Pferd reagiert, wenn wir eine Reaktion erwarten. Die Basis ist bspw. ein Pferd, das sich überall am Körper berühren und auch bewegen lässt, das nachgibt, stillsteht und warten kann, das sein Gewicht verlagern kann (beim Hufeheben ist das schoneinmal wichtig), aber auch sich formen zu lassen, die Gerte als Hilfe zu sehen, mir zu folgen und zuzuhören, auch wenn die Umgebung ablenkt. Warum ist das alles Basis? Weil wir erst darauf aufbauend mehr erarbeiten können.
Ich kann kein Pferd reiten, dass mir nicht zuhört. Ich kann kein Pferd auf dem Zirkel reiten, wenn es steif ist. Dann muss ich genau diese Steifheit am Boden erarbeiten. Bevor das Pferd nicht lernt, seinen Körper in der Art zu bewegen, um ein Gewicht auf Kreisen und in den Gangarten zu tragen, sollte ich nicht aufsteigen, denn sonst schade ich seinem Körper.
Schau hin, ob Dein Pferd bereit ist und die körperlichen Voraussetzungen zum Tragen hat. Beobachte seine Balance, wo kann es was besser oder schlechter.
(Lies mehr zu "Schule Dein Auge" hier und hier)
Sei ehrlich zu Dir in der Beurteilung Eurer Fortschritte und dem Pferdekörper. Suche Dir Rat und Hilfe auf dem Gebiet, auf dem Du kein Experte bist.  
Tu es für Dein Pferd!

Aus diesem Grund ist es so bedeutsam, immer wieder einen Blick auf die Basis zu werfen und ggf. zu verfeinern, was durch Pausen oder aus anderen Gründen nicht mehr abrufbar ist (sozusagen).

Wenn ich nicht weiß, was ein Pferd alles können und leisten muss, um mich zu tragen, sollte ich mir darüber ehrlich Gedanken machen - es ist ein Lebewesen und hat ein Recht darauf. Ich kann es jedem nur ans Herz legen:
Mache Dir ein Bild vom Körper des Pferdes.
Wie sieht ein gesunder Huf aus. Ohne gesunden Huf wird es ihm schwer fallen, überhaupt einen Reiter gesund zu tragen. Denn schiefe Hufe wirken sich auf die Beine und damit auf Muskeln und den ganzen Körper aus.
Welche Muskeln braucht das Pferd zum Tragen und wie sehen entwickelte kräftige Muskeln aus?
Wie sieht ein zufriedenes Pferd aus?
Welche Zeichen sendet das Pferd, wenn es versteht oder nicht versteht, wenn es eine Pause braucht oder wenn es Schmerzen hat?

Vertrauen erwächst daraus, sich zu kennen.


Die Grundlage für Fortschritte ist Leichtigkeit in den Übungen und Bewegungen. Aus einer leicht erzeugten Stellung im Stand kann ich die Biegung im Pferdekörper erhalten. Vom Stand in den Schritt, auf gebogenen Linien und auf der Geraden. Ohne Stellung keine Biegung und kein balanciertes Pferd. Übergehe ich dieses Detail, werde ich wahrscheinlich grob und zu stark mit den Hilfen einwirken müssen, um das Pferd in der Bewegung zu formen. Es entsteht ein Kreislauf, der auf Mangel an "Arbeit" an der Basis beruht.

Regeln


Aus diesem Grund arbeite ich selbst immer erst testend an der Basis und je nach dem, wie sich mein Pferd zeigt, kann ich zu weiteren Bewegungen und Übungen übergehen.
Es ist wie ein Hineinfühlen in die momentane Befindlichkeit und körperliche Verfassung.
Oder bist Du immer um 6 Uhr morgens zu einem 1000 Meter-Lauf mit Liegestützen bereit, völlig beweglich und hoch konzentriert?

► Um mein Pferd nicht zu überfordern ist es deshalb wichtig, sich immer bewusst zu sein, dass das Pferd freiwillig und motiviert mitmachen soll. Sonst stellen wir sein Vertrauen auf die Waage.
►  Ich muss meinem Pferd auch zugestehen, nicht immer auf alles Lust zu haben. Flexibilität schafft hier ein verständnisvolles Miteinander.
► Beobachte Dich und Deine Wünsche, Vorstellungen und Ziele. Passe sie den Umständen an und suche nach Variationen, wenn es zäh wird. So umgehst Du Überforderung. Sei immer bereit von deinem Plan abzuweichen oder aufzuhören, damit Dein Pferd sich auch das nächste Mal für Dich anstrengen will.
► Aber mache Dir einen Plan. Was willst Du erreichen? Was brauchst Du dafür? Was ist die Basis und wie erweitere ich sie? Eine Stufe zu überspringen bringt Überforderung oder Verständnisprobleme.
► Ein Pferd ist nicht zum Reittier geboren. Denke immer daran, dass Du es dafür vorbereiten und stärken musst oder seine Fähigkeit, Dich ohne körperliche Leiden zu tragen, erhalten und überprüfen musst.
► Geh mit einem Lächeln.
► Höre zu.
► Und sieh das Miteinander und die Reaktionen Deines Pferdes als Geschenk. Du wirst sicher einen tollen Partner er-/behalten.

 

Einen hierauf aufbauenden Artikel mit Beispiel findest Du hier.

 

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passende Artikel zum Weiterlesen:

"Gedanken zum täglichen Training"

von der Pferdeflüsterei: "Erlaube deinem Pferd Fehler zu machen."

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