Hier kommt nun der zweite Teil zum
„Schritt Reiten – Schritt Rühlen“.
Ich würde mich über Reaktionen
Eurerseits freuen, ob ich euch zu mehr Gefühl und Verständnis in
der Gangart und Umsetzung helfen konnte.
Ein Anfang ist es, zu verstehen, was
ich reite. Der schwierige Teil ist die Umsetzung und noch schwieriger
ist es, wirklich zu fühlen, was ich reite und ohne nachzudenken auf
das Pferd zu reagieren und ihm meine bittenden Anweisungen zu geben.
Zu diesem Thema passt sehr gut das
Zitat von Johann Wolfgang von Goethe:
„Es ist nicht genug zu wissen,
man muss es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen,
man muss es auch tun.“
Der erste Teil von „wissen“ und
„anwenden“ ist wohl das bekannte Thema, ich lese etwas und
verstehe es hoffentlich auch in der Theorie, aber in der Praxis? Da
ist dann alles leider doch so anders und längst nicht so einfach,
wie es in der Theorie schien. Dort sind es nämlich gleich zwei
Individuen und nicht nur meine Vorstellung, in der ich alles richtig
mache und das Pferd meinen Hilfen sofort korrekt folgt. Wenn wir so
klar, wie in unserer Vorstellung beim Lesen der Theorie auch in der
Praxis sein könnten – nämlich mit einem klaren Bild vor Augen,
mental 100 %ig in der Umsetzung einer Lektion bspw. - wären wir
schon fast am Ziel. Doch das braucht Übung und volle Konzentration.
Ich fange erst einmal dort an, wo es um die Erarbeitung der klaren
Vorstellung geht.
Der zweite Teil des Zitats ist etwas
verzwackt. Beim Reiten denken wir oft, wir tun es doch, das, was wir
wollen. Wir machen doch alles richtig. Die Trabhilfe, das Treiben,
die Hilfe für die kommende Ecke, alles so wie im Buche. Aber das
Pferd schummelt, es mag nicht vorwärts gehen, es kürzt ab. Leider muss ich Dich enttäuschen. Der Fehler liegt bei Dir. So ganz tust Du noch nicht, was Du willst. Aber Du kannst es lernen und besser werden. Mach weiter so!
Pferd schummelt, es mag nicht vorwärts gehen, es kürzt ab. Leider muss ich Dich enttäuschen. Der Fehler liegt bei Dir. So ganz tust Du noch nicht, was Du willst. Aber Du kannst es lernen und besser werden. Mach weiter so!
Und nun noch einen tollen Satz von Bent
Branderup, der genau das auf den Punkt bringt, worum es mir geht:
„Reite nicht die Lektion, reite den Inhalt.“ Dieses Zitat mag in
einem anderen Kontext gesagt worden sein, aber zeigt deutlich, wie
wichtig es ist, die kleinen Schritte, kleinen Anweisungen (Reiter)
und Reaktionen (Pferd) zusammenzubringen und darauf einzugehen. Nicht
das Gesamtziel ist von so großer Bedeutung. Das erreichst Du, wenn
Du alle kleinen Ziele wie eigenständige Ziele voll und ganz
verinnerlichst und so umsetzt – also mit deinem Gefühl genau da
bist, wo Dein Pferd jetzt etwas tut.
Der Trab ist ein Zweitakt. Man kann in
jeder Phase 1, 2 zählen, weil je zwei Beine (rechtes Vorderbein und
linkes Hinterbein und anschließend linkes Vorderbein und rechtes
Hinterbein) in gleicher Bewegung nach vorn sind. Das ergibt den Takt.
Diesen Takt fühlst Du auf dem Rücken
des Pferdes. Wenn Du ihn verinnerlichst, kannst Du zum richtigen
Zeitpunkt das richtige Hinterbein mehr treiben oder animieren,
seitwärts zu treten. Treibst Du zum falschen Zeitpunkt, verpufft die
Hilfe und das Pferd reagiert nicht wie gewünscht oder wird auf lang
oder kurz abgestumpft. Der Schenkel ist der Freund des Pferdes,
treibt er falsch, wird das Pferd ihn irgendwann nicht mehr annehmen
wollen, weil es die Erfahrung gemacht hat, das er nervt.
Ein Reiterbecken, das fest ist, sich
nicht mitnehmen lässt, stört und blockiert das Pferd, macht es
ebenfalls fest im Rücken (ein Teufelskreis) und stumpft es ab, der
Sprache des Beckens zuzuhören. Ohne die Hilfe, die vom Becken
ausgeht, kann niemand Pferdeschonend reiten. Über lang oder kurz
wird dann der Zügel zum Hilfsmittel Nummer 1. Also Augenmerk aufs
Becken.
Um den Zeitpunkt des Treibens zu
erfühlen und nach und nach zu verinnerlichen, schauen wir uns die
Bewegungen des Pferdes genauer an:
Wenn ein Hinterbein (und das diagonale
Vorderbein) nach vorn schwingen, senkt sich die gleichseitige Hüfte
und der Pferdebauch wird zur gegenüberliegenden Seite pendeln.
Dieses hin- und herschwingen des Pferdebauches kannst Du nachfühlen,
wenn Du einmal auf der Stelle gehst und dabei bewusst die Hüften hin
und her bewegst. Du wirst merken, dass sich dein Becken von dem Bein
wegbewegt, das Du anhebst. Wenn man mit diesem Hüftschwung
übertrieben geht, wird es besonders deutlich. Ebenso bewegt sich der
Bauch des Pferdes aufgrund des Anhebens und Vorschwingens der
Hinterbeine und das damit verbundene Heben und Senken der Hüfte.
Stelle Dir diese Bewegung des
Pferdebauches als ein Pendel vor. Möchtest Du Dein Pferd mehr
antreiben, gibst Du dem Pendel immer dann einen Schwung mit deinem
Schenkel, wenn es im Begriff ist zur anderen Seite zu schwingen. Also
immer das Bein, das Du bei der Trockenübung Gehen hebst, ist das
treibende Bein am Pferd. So wie Dein Becken auf dem Pferd locker der
Pendelbewegung des Bauches durch Anheben und Absenken der rechten und
linken Rückenseite folgt, wird es also rechts und links abwechseln
angehoben und abgesenkt – Du hast abwechselnd mehr oder weniger
starken Kontakt mit der Poseite zum Sattel. Dabei kannst Du 1, 2
zählen oder Dir merken, „rechts – links – rechts – links“,
was Dir hilft dem Takt zu folgen. Je mehr Du Dich auf das Fühlen
einlässt, wirst Du merken, dass Dein Becken auch nach vorn und
zurück bewegt wird. Ich habe jedoch mit der rechts-links und
hoch-runter Bewegung angefangen, um von dem verbreiteten Schieben von
hinten nach vorn wegzukommen. Damit verkrampft sich der Reiter und
blockiert sich und das Pferd.
Um das Aussitzen im Trab noch besser zu
lernen (von Lockerungsübungen einmal abgesehen), solltest Du noch
Deinen Fokus auf die Fußgelenke legen. Diese fangen den Schwung
federnd ab. Der Schwung von jedem Trabtritt wird durch Dein ganzes
Bein, durch Dein lockeres Fußgelenk bis in Deinen tiefschwingenden
Absatz herausgefedert. Dadurch kommt auch auf der gleichen Seite Dein
Becken tiefer und Du sitzt weicher in die Pferdebewegung ein und
kannst sie besser aussitzen.
Eine gute Übung das eben Beschriebene
zu erfühlen, ist es vom Entlastungssitz beginnend, den Takt dabei
fühlend (hier merkt man sehr deutlich das Auffußen der Beinpaare)
sich langsam hinzusetzen und die Bewegung Stück für Stück auf das
Becken zu übertragen. Die Schultern bleiben davon unberührt. Es
hilft gegen das Hopsen des Pos im Aussitzen.
Im Anschluss zwei Übungen zum
Traben-lernen im Aussitzen.
„Mitschwingendes Reiterbecken oderliegende Acht“ und eine Sitzübung von Babette Teschen
Und noch etwas zum Abschluss:
Vergiss nicht zu atmen ;) Je
rhythmischer Du in der Bewegung atmest, umso lockerer kannst Du
werden. Dein Atmen kann auch Dein Pferd im Tempo beeinflussen.
Versuche doch einmal bewusst im Takt zu atmen und dann langsamer oder
schneller in der Atmung zu werden (minimal natürlich). Dein Pferd
wird darauf reagieren und sich ebenfalls zurücknehmen oder zulegen.
Ein wenig Übung braucht es schon. Manche Pferde müssen erst wieder
sensibilisiert werden dafür, auf solch feine Hilfsmittel zu
reagieren.
Ebenso kannst Du Dein Pferd mit dem
Sitz steuern, indem Du mehr oder weniger Beckenbewegung zulässt. Je
mehr Dein Becken mitschwingt, umso mehr Vorwärts signalisiert Du
Deinem Pferd. Weniger Mitschwingen (ohne fest zu werden) führt das
Tempo zurück.
Und wieder viel Spaß beim
Ausprobieren! Ich freue mich über Dein Feedback.
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ergänzend zu diesem Artikel:
Schritt Reiten - Schritt Fühlen
Gedanken zum Leicht-Traben
von Pferde-Freunde:
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